Der Tag in der Neuroklinik beginnt für mich um 8:05Uhr. Ich komme meistens um 7:45Uhr an, habe somit Zeit um mich umzuziehen und die Patientenpläne fürs Team auszudrucken. Seit Neuestem bin ich für die Frühkonferenz auf der Station zuständig. In der Frühkonferenz oder auch 0815 genannt aufgrund des Konferenzbeginns um 08:15Uhr, trifft sich das interdisziplinäre Team aus Ärzten, Pflege, Ergotherapie und Physiotherapie jeden Morgen, um die Patienten zu besprechen. Nach der 0815 Konferenz gehe ich zurück in den Teamraum, wo ich dann die wichtigsten Informationen aus der Konferenz dem Physioteam berichte. Im Teamraum erfolgt dann die Einteilung der Patienten. Zu Anfangs für mich noch eine etwas befremdliche Situation, da die Einteilung für Außenstehende einem Handel auf einem Basar ähnelt. Die bereits vorgeschriebenen Pläne liegen in der Mitte des Tisches verteilt und werden einem Therapeuten zugeordnet. Dabei wechseln durchaus die Physiotherapeuten auch mal ihre Patienten. Für uns Physiotherapeuten natürlich ein großer Vorteil, um viele unterschiedliche Krankheitsbilder kennenzulernen, doch manchmal vielleicht für die Patienten, die doch von Kontinuität profitieren, nicht optimal. Danach bleiben uns meistens ein paar Minuten für ein Cafe bevor wir die ersten Patienten behandeln.
Auf geht´s! Ich mache mich auf den Weg zu meinen ersten Patienten des Tages. Bevor ich beim Patienten bin, mache ich mir Gedanken, was ich mit dem Patienten machen will. Ich betrete das Patientenzimmer, begrüße den Patienten und merke direkt dem Patienten geht es gar nicht gut. Das passiert oft in der Klinik, also passe ich mich der Situation an und anstatt den Patienten wie geplant in den Pflegerollstuhl zu mobilisieren, übe ich das Sitzen an der Bettkante mit ihm. Ich merke, dass der Patient wacher wird und seine Vitalzeichen besser werden. Ich habe gelernt in der Klinik passiert nicht immer alles nach Plan, aber das ist halt so. Im Leben läuft ja auch nicht immer alles nach Plan.
Mir gefällt vor allem, dass ich hier wieder voll der Anfänger bin und meine Lernkurve nur steil nach oben geht. Wie mobilisiere ich einen Patienten der keine Funktion in beiden Armen und Beinen hat? Was mache ich mit den ganzen Schläuchen und Drähten an denen der Patient angeschlossen ist? Wie nehme ich einen neuen Patienten auf, der nicht sprechen kann? Fragen über Fragen, die meinen Ehrgeiz nach mehr Wissen beflügeln.
Ich behandle im Durschnitt 8-10 Patienten am Tag. Wir haben ca. 30 bis 60 Minuten Zeit für die Therapie pro Patient. Gegen 12Uhr haben wir dann eine Mittagspause von 30 Minuten und der Tag endet um 16:30Uhr. Ich finde die Arbeitszeiten grandios, nichts im Vergleich zu einer Arbeitswoche von 42 Stunden in der Schweiz oder 20 Minuten Therapieeinheiten in einer Praxis.
Nach Feierabend merke ich, dass der Tag doch anstrengender war als gedacht. Bei manchen Patienten komme ich Schweiß gebadet aus dem Zimmer heraus, weil der Transfer so schwierig war. Ich freue mich auf den nächsten Tag und frage mich, ob der Transfer mir morgen mit weniger Schweißtropfen gelingt?